Gestern schon waren wir von der Landschaft beeindruckt. Flach, kein Baum, kein Strauch steht im Blickfeld. Die Straße verläuft schnurgerade und verschwindet an der Horizontlinie. Dann
wieder Hügel, sie sehen aus, als hätte hier jemand über Jahre Steinladungen abgekippt. Wir sind im Death Valley.
Ein Hinweisschild führte uns an eine Stelle, an der um 1870 ein wertvolles Mineral abgebaut und zu den Industriebetrieben transportiert worden: Borax, ein Mineral, welches für die Glas- und
Seifenherstellung bis heute Verwendung findet. So wertvoll war es, dass das sogenannte weiße Gold mittels Gespannen an die nächste Eisenbahnlinie transportiert worden ist. 18 Mulis und zwei
Pferde zogen die Ladung von 36 Tonnen eine Strecke von 270 km. Eine schier unglaubliche Leistung in dieser Hitze und angesichts der benötigten Wasser-, Futtermittel- und Lebensmittelmenge. Der
Transport dauerte zehn Tage, im Jahr wurden bis zu 100.000 Tonnen aus dem Death Valley transportiert. Wir sahen uns die kleine Produktionsstätte an, waren kaum in der Lage, uns vorzustellen, wie
hart das Leben der Menschen und Tiere hier wohl gewesen sein muss. Die Logistik hinter dem Borax-Abbau nötigt uns den allergrößten Respekt ab!
Immer wieder schieben sich riesige, weiße Flächen ins Bild, Salzseen. Die Luft flimmert, der Weg ins Badwater Basin, dem tiefsten Punkt des Valleys, ist länger als gedacht. Wir finden uns auf
einem Parkplatz wieder, hinter uns steigen Berge steil an, hoch oben eine Markierung: Dort oben würde der Meeresspiegel liegen. Mehr als 50 Meter über uns!
Vor uns geht es einige Stufen hinunter bis zu einer gewaltigen Ebene, ebenfalls ein Salzsee. Begrenzt wird die Fläche durch Berge ringsum, gegenüber steigen sie soweit an, dass die Kappen mit
Schnee bedeckt sind. Wir sind dann mal losgelaufen, anderen Besuchern hinterher. Wie weitläufig diese Fläche ist, wird erst beim Gehen klar, wir sind nun schon 20 Minuten unterwegs. Als wir uns
umdrehten, waren die Autos auf dem Parkplatz zu Spielzeuggröße geschrumpft, die Luft so klar, dass auf diese Entfernung die Farben der Fahrzeuge noch deutlich voneinander zu unterscheiden sind.
Den Blick wieder nach vorn gewandt, scheint die Bergkette keinen Millimeter näher gekommen zu sein. Heiß ist es, trocken die Luft, die weiße Fläche unter uns lässt uns die Augen zusammenkneifen.
Ja, doch, wir hatten unsere Sonnenbrillen auf der Nase…
Zurücklaufend trafen wir dann auf ein Pärchen mit einem Yorkshire-Terrier auf dem Arm. Der Hund hat eine Sonnenbrille auf! Ein paar Fotos und einen netten Schnack später kamen wir zurück zu einer
weiteren Besonderheit dieses Ortes. Tatsächlich gibt es hier Wasser! Eine brackige, mit weißen Salzflächen gespickte Fläche, die Reflexionen auf der Oberfläche gleißend. Wie sehr unsere Natur
über Jahrmillionen gearbeitet hat, sehen wir auch hier. Es leben so viele Kleinlebewesen in dieser Brühe, dass sich sogar kleine Fische hier ein Überlebensrefugium schaffen konnten. Die Besucher
werden auf Hinweisschildern gebeten, dieses so empfindliche Gleichgewicht nicht zu betreten oder es zu verunreinigen, Fußspuren zeugen jedoch davon, dass dieses bisschen Respekt wohl nicht jedem
gegeben ist. Natürlich hat auch die Verpackung der Chips, achtlos irgendwo fallengelassen, den Weg in diesen Tümpel gefunden.
Auf unserem Rückweg haben wir uns dann natürlich noch die am Wegrand gelegenen Naturwunder angesehen. Den Artist Drive, eine Einbahnstraße, sind wir gefahren. Diese Straße schlängelt sich am
Berghang entlang, dort, wo Erosion das Innere der Berge zutage treten lässt. Ein wahres Farbspektakel ist hier zu bewundern, Flächen in orange, grün, blau, gelb sprenkeln die Bergflanke, strahlen
in der Sonne. Mischfarben dort, wo die feineren Sande sich rieselnd vermischt haben. Klein sind wir angesichts dieser Macht der Natur!
Eine andere Strecke führt uns wieder zurück auf die Salzseefläche. Hier finden wir eine weitere Besonderheit. Durch den sehr selten fallenden Regen werden die Ränder der Salzplatten angeweicht,
durch die Ausdehnung aneinander geschoben, nach oben gedrückt und erstarren dann durch Wind und Hitze getrocknet zu kleinen Wülsten. Rissig, schrundig, spitzig ragen sie nach oben, diejenigen,
die von der Natur beeinflusst werden, brechen zu kleinen Brocken oder wehen als feiner Sand über die Fläche. Ein Marsch über diese Weite scheint mir unmöglich. In die Hand genommen scheinen
diese Mineralklumpen sich zu wehren, so spitz sind sie.
Richtung Beatty haben wir uns dann auch noch Rhyolite angesehen, eine Geisterstadt. Anfang des letzten Jahrhunderts haben sich hier vielversprechende Mineralienfunde als Magnet für Glückssucher
bewiesen. Diese zunächst kleine Ansiedlung wuchs schnell, man hatte Geld, investierte es auch in die hier neu entstehenden Gebäude. Die Häuser hatten elektrisches Licht, Wasserleitungen,
Abwassersysteme. Sogar eine kleine Börse hat geöffnet, die Entwicklung dieser Stadt ließ hoffen, bald zur District-Hauptstadt auserkoren zu werden. Doch dann wurden an anderer Stelle leichter zu
bergende Bodenschätze gefunden. So schnell die Menschen gekommen waren, so schnell verließen sie Rhyolite wieder. Ließen einfach stehen, was in den prosperierenden Jahren geschaffen wurde.
Heute ist in diesem Ort nicht mehr viel zu sehen. Ein Haus aus Flaschen gebaut, kunstvoll aufgemauert, steht hier noch. Ein kleiner Kunstpark hat sich hier etabliert, kein Kommerz, nur stimmig zu
diesem verlassenen Ort passende Arbeiten. Jedes Stück von Wert hat den Weg nach Beatty gefunden, die Fenster der ehemaligen Bank sind jetzt in dem ebenfalls nach Beatty transportierten
Schulgebäude eingesetzt. Kein Kabel, keine Wasserleitung liegt hier noch rum, alles wiederverwendet. Nur Klapperschlangen und anderes Getier nutzt noch die schattigen Plätze unter den teilweise
eingestürzten Betongebäuden.
Natürlich ging es nach einem solch staubigen Ausflug nach der Dusche erst einmal in unser hiesiges, gestern entdecktes Wohnzimmer. Das Schild „CLOSED“ hat uns nicht weiter beeindruckt, natürlich
bekamen wir unser Bierchen, auch vom tollen Chili gab es noch. Heute sind wir dann gleich an den Tresen, dort wo gezahlt wird kommt man sofort ins Gespräch. Eingeladen wurden wir. Im Oktober
sollten wir doch auf jeden Fall in Beatty sein! Da gebe es ein „Shoot-out“, Westernreiterei, tolle Tanzshows der Beatty-Ladies, natürlich ein überwältigendes BBQ, das weltbeste Chili und
überhaupt sei alles vom Feinsten! Ein sehr schöner Tag ging hier seinem Ende entgegen, nette Menschen ringsum, wir voller Eindrücke des heute Erlebten.
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