Über den Berg

Die Frühstückssituation in diesem Bed- and Breakfast ist ein wenig skurril: Da sitzen die Gäste an einem halbrunden Tisch auf einer Bank, der Hausherr hat den davorgestellten, runden Tisch für sich und seine Frau. Unmengen der jeweilig angebotenen Speisen werden in Schüsseln herumgereicht, jeder greift zu und eine fast familiäre Situation entsteht. Bratkartoffeln und Rührei gab es heute, genau das richtige für einen Nichtfrühstücker wie mich… Die Stimmung und der Kaffee waren gut. 
Mit Danielle und JP haben wir dann an diesem Vormittag festgelegt, wie wir uns der Insel noch besser nähern können: Ein Ausflug soll es sein, gemeinsam wollen wir den „Vulkan-Park“ besuchen, natürlich unter fachkundiger Führung.

Danielle hat dankenswerterweise die angebotenen Touren miteinander verglichen, die allzu teuren Ausflüge haben wir gestrichen, uns dann für eine kleine, fast private Tour entschieden. Mit Bob, in dessen geräumigen Geländewagen, geht es am Montag durch den Park. 

Heute werden wir aber erst einmal den Standort ändern, Big Island hat noch mehr zu bieten als eine Kaffeeplantage abseits irgend eines Geschehens. Nach Hilo werden wir fahren, einer Stadt auf der anderen Seite der Insel. Völlig andere Landschaft, auch komplett anderes Wetter. Hilo liegt im Regenwaldbereich der Insel. Die Wolken schaffen es nicht über die Berge und liefern so Unmengen an Wasser an. Die karge, kaum bewachsene Lavalandschaft wird hier durch Regenwald ersetzt, Bäume und Pflanzen aus aller Welt konkurrieren hier in Schönheit und Größe. 

Unsere Fahrt dorthin haben wir über den Bergsattel genommen. Langsam aber stetig haben wir uns ohne eine einzige Serpentine auf 2100 Meter hinaufbewegt. Gerade Straßen, bestens ausgebaut, wunderschöne Landschaft. Häufig hielten wir auf der Höhe an, konnten uns kaum sattsehen an den unterschiedlichen Szenarien. Auf dem Weg kamen wir an sanften, grasbewachsenen Hügel vorbei, bis an den Horizont reichten sie, dann war es wieder kleinteilige Lava, welche das Bild bestimmte, kleine Büsche und Pflanzen bestimmten das Bild. Über allem stand der mächtige Vulkan, seine Spitze geschmückt mit einer weißen Schneekappe. Da oben – leider waren wir nicht dort – stehen die sehr begehrten Observatorien. Lichtsmog oder Luftverschmutzung gibt es hier nicht, der Blick ins All ist so klar, wie es sich Astronomen wünschen.

Unvermittelt ändert sich die Landschaft, wir waren überwältigt von den Eindrücken die sich boten. Eine kleine Kuppe überfuhren wir und es präsentierte sich ein Himmel voller schneeweißer Wolken auf Augenhöhe, das Bild gerahmt von hoch bewachsenen Hügeln. Wunderschön!
Der Weg ging natürlich wieder nach unten, Hilo liegt am Wasser. Nach und nach wurde die Vegetation höher, auf einmal fuhren wir durch dichten Regenwald. Hier waren dann auch einzelne Siedlungen zu entdecken.
 
Dann Hilo: Ab ins Hotel, einchecken, Koffer aufs Zimmer und gleich wieder los. Der Farmermarkt soll noch offen haben. Die kleine Stadt ist wirklich hübsch, die breiten Straßen, die Häuser wirken wie aus einer Filmkulisse der 50er Jahre. Ah, dort ist also das empfohlene Pankake-Restaurant, schau mal dort dieser riesige Baum (!), da hinten sind ein paar Marktstände, ja, das ist der Farmer-Market. 

Wir sahen uns die wenigen noch offenen Gemüse- und Obststände an, hielten Ausschau nach Besonderheiten. Wir waren zu spät, so richtig wollte uns nichts gefallen. Natürlich haben wir noch einige leckere Apfel-Bananen mitgenommen, so für den kleinen Hunger zwischendurch. Diese Bananen sind klein, entsprechen in der Länge etwa einem Drittel der bei uns üblicherweise verkauften Gelblinge. Süß, mit einem kleinen säuerlichen Nebengeschmack, tolle Konsistenz.

Nach unserem Frühstück am Morgen sollte es doch aber etwas Herzhafteres sein. Der Magen auf „Suchmodus“: Der Geruch eines Strassengrills machte uns auf eine Ecke des Marktes aufmerksam. Natürlich marschierten wir direkt darauf los, suchten uns Schaschlik-Spießchen aus, erhielten nach Zahlung eine Nummer und mussten dann ein wenig warten. Dieser Grill-Imbiss wurde wie ein Restaurant geführt. Das Essen jedenfalls war jede Sekunde des Wartens wert!

Unser anschließender Spaziergang führte uns dann entlang der Hauptstrasse an tollen Fassaden und an hübschen Geschäften vorbei. Hier sind die Häuser mit zwei, auch mal drei Etagen ausgestattet, stammen zum guten Teil aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhundert. 

„Wunderbar durchdachte Architektur, in den Fünfzigern überarbeitet und dann wieder zurückgebracht auf den Ursprung. Sogar die Einrichtung ist stimmig! In dieses Café möchte ich jetzt hinein!“ Wir betraten den Eingang und warteten wie hier üblich ab, bis wir zu unserem Tisch geführt wurden. Kaum hatten wir Platz genommen, erschien ein freundlicher junger Kellner und stellte uns eisgekühltes Wasser auf den Tisch. Unser Englisch macht zwar Fortschritte, aber natürlich wird sofort erkannt, dass wir Touristen sind. Sehr nett wird nachgefragt, woher wir denn kämen. Breites Lächeln bei unserer Beschreibung des bisher Erlebten – die kürzeste Fassung – Freude, dass wir Hawaii als Eingangstor in die USA gewählt haben, wurde zum Ausdruck gebracht.

Kurze Zeit später kommt eine Kellnerin an unseren Tisch um die Bestellung aufzunehmen. Klar, Kaffee soll es sein, dazu – Petra ringt wie fast immer mit sich und den zu erwartenden Kalorien – zwei Stück Kuchen. HAMMER! Der Kuchen allein war die Fahrt nach Hilo wert, auch, dass der Kaffee kostenfrei nachgeschenkt wird, begeistert. Wir sind absolut im Genussmodus. 

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