Wir haben so viel faszinierende Steinarbeiten gesehen, dass ich nun unbedingt sehen wollte, wie hier in Rajasthan die Steinmetzen arbeiten. Der hier verwendete Sandstein ist weich, eine
Trennscheibe marschiert wie ein heißes Messer durch Butter durch den Stein. Die Arbeiter – 500 Mitarbeiter hat der von mir besuchte Betrieb – arbeiten eher als Schnitzer als als Hauer. Die
verwendeten Motive wiederholen sich, die Kunstfertigkeit liegt im exakten Kopieren der vorgezeichneten Formen. Und darin den Stein zu lesen, seine Oberfläche so gut einschätzen zu können,
dass man genau erkennt, wo er brechen wird, wenn man ihn an dieser Stelle bearbeitete. Die Fähigkeit eine nur 40 mm dicke Steinplatte so zu bearbeiten, dass sich eine durchbrochene Fläche ergibt,
die Stege zwischen den Öffnungen nur 15 mm dünn. Unfassbare Geduld, das Wissen um den richtigen Schlag an der richtigen Stelle. Der Respekt den ich diesen Menschen entgegenbringe ist schwer in
Worte zu fassen. Wie überall gibt es hier auch eine Hierarchie des Könnens. Die meisten werden ein Leben lang nur Oberflächen gestalten, einige wenige werden durchbrochene Arbeiten von höchster
Handwerkskunst zustande bringen. Die Zusammenarbeit dieser Menschen schafft wirklich Großes, mit Glück und Verstand überdauern diese Werke Jahrhunderte. Eines der im Foto gezeigten Fester hat
eine Fläche von 150 x 150 cm!
Die Werkzeuge sind simpel: Zunächst wird ein elektrisches Gerät eingesetzt, um ein rundes Loch in den Stein zu fräsen. Dann kommt ein Hammer im Zusammenspiel mit einem kleinen Meißel zum Einsatz.
Den weggeschlagenen Bruch und Staub bläst der Steinmetz unter zu Hilfenahme des Hammestiels von der Arbeitsstelle weg. Jawohl: der Hammerstiel ist durchbohrt und dient als „Blasrohr“. Uralte,
übernommene Technik. Die Bilder sprechen für sich, ich hoffe, dass ich beim Versuch einen Block an der richtigen Stelle zu teilen, nicht allzu viel Schaden angerichtet habe.
Übrigens: Die Wildschweine im Betrieb – eine Bache mit vier Frischlingen haben wir gesehen – lassen sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. Wer genau hinsieht, weiß, was ich meine.
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Sarah (Dienstag, 10 Januar 2017 08:45)
Hallo!
Bin jetzt gerade über Wildschweine in Indien überrascht!
Sie arbeiten sehen auf wie gemalt.für mich am Bildschirm fast nicht zu glauben.
Ist euch da Ritual "Öl ziehen"schon über den Weg gelaufen? Das kommt aus der ayuvedischen heilkunst und wird angeblich von vielen Indern praktiziert. Bin auf weitere berichte gespannt
Olaf (Dienstag, 10 Januar 2017 17:40)
@Sarah: Nee, ne Gosch voll Pflanzenöl ist nicht so unser Ding... Musste erstmal Wikipedia befragen, was es damit auf sich hat. So indisch wird sich mein Mund nicht anfühlen wollen. Heute aber haben wir etwas gegen unsere Erkältung getan: Einen Ingwer-Zitrone-Honig-Tee haben wir probiert und gleich noch nen zweiten bestellt. Schmeckt gesund und sehr gut!