Leben wie ein Maharadscha

Zum gestrigen Abend gibt es natürlich noch einen Nachtrag: Unser sehr sympathischer Fahrer hat sich auf ein Abendessen einladen lassen, wir sind dann in einem Haveli gewesen, dort auf der Dachterrasse. Monica heißt dieses Restaurant, wir marschierten also zu Dritt die Treppen hinauf und verpassten um Minuten den sicher herrlichen Sonnenuntergang.

Eine Gelegenheit, hier einiges zu lernen und dabei auch noch zu genießen: Um die für uns unverständlichen Namen, trotz der Zutatenliste unbekannten Zubereitungen in gekonnter Form bestellen zu können, bat ich Rewat Inda Singh die Bestellung zu übernehmen. Lange Diskussionen mit dem Wirt folgten und dann kam meine Zusatzbitte an Rewat: „Bitte zeige uns doch, wie man hierzulande isst.“ An die Gepflogenheiten des Landes anpassen lernen – zumindest bei so einfachen Dingen, wie ein Essen zu sich zu nehmen. Gar nicht so einfach, wie wir feststellen mussten. Die linke Hand hat nichts vom Essen zu berühren. Ist unrein. OK. Also linke Pranke unter den Oberschenkel geklemmt. Auf dem Tisch Schalen mit köstlich duftendem Ziegenfleisch-Curry und einer ziemlich leckeren Zubereitung mit Käse. Beides in einer sämigen Soße. Dazu das landestypische Brot „Chabati“, rund ca 15 cm im Durchmesser, eine Art Fladen. Mit der rechten Hand ein Stück davon abreißen, es so in die Finger nehmen, dass man es wie eine Zange über das aufzunehmende Nahrungsmittel hält, zupacken und möglichst ohne Unfall direkt in den Mund damit. Gar nicht so einfach für uns....dann die Herausforderung: Eine Schale mit einer aus Linsen zubereiteten sämigen Suppe. Petra hat die Prüfung anstandslos bestanden, ich würde wahrscheinlich verhungern. Der Abend war jedenfalls ein richtig schöner.

Heute früh ging es dann weiter: Nach Bikaner, der Stadt mit dem Fort Junagarh, einem Besitz des hiesigen Maharadschas (Fürsten). In dem riesigenGebäude sind kiloweise Gold, Silber und mit ner Null vorm Komma Diamanten verarbeitet worden, die Wände sind mit gemahlenem Muschelkalk  (mit Bindemittel versetzt) verputzt, dieser wurde dann mit Kokosöl poliert. Die Wirkung jedenfalls ist atemberaubend. Unendlich viele, mit schönsten Malereien verzierte Räume durchritten wir, standen vor dem Thron, welcher bis heute dazu dient, dem Maharadscha bei Festivitäten einen würdigen Auftritt zu verleihen, bestaunten die Geschenke, welche im Laufe der Jahrhunderte in den Familienbesitz gelangten. Aus dem 15. Jahrhundert waren es Säbel, Trommeln, Metallgefäße und aus dem 20. Jahrhundert ein englischer Doppeldecker – dieser von den Briten für die Unterstützung im ersten Weltkrieg überreicht.Die Handwerksarbeiten sind überwältigend gut, von den Steinarbeiten, über die Malereien und Holzschnitzarbeiten bis hin zu den Gold- und Silberschmiedearbeiten. Die Eintrittsgelder werden für die Renovierung verwendet, die Eintrittsgelder für die Guides werden als Spende an Schulen gegeben. Coole Idee! 

Nach einem ganzen Sack voll Kultur haben wir uns dann in das Stadtleben begeben, sind zwischen Tuk Tuks, Fahrrädern, Mopeds, Kühen, Hunden, Kuhfladen und Garküchen geschlendert. Mutige Kinder haben sich erst flüsternd abgesprochen und dann kam der mutigste Junge auf uns zu und fragte: „How are you Sir?“. Diese Mutprobe musste belohnt werden, also wurde zurückgefragt: „I’m fine. What is about you?“ Eine Antwort kam nicht, denn der Sieg war errungen: Man hätte diesen sonderbaren Fremden zum sprechen gebracht! Der Held zog mit seinen Kumpels begeistert ab. So ging dann auch mit den Erwachsenen weiter: Siehe die Fotos. Wir fragten nicht ob wir fotografieren dürfen, wir würden gefragt, ob wir fotografieren möchten. Wir sind hier von sehr netten, aufgeschlossenen Menschen umgeben! 

Unser Nachtquartier haben wir in einem dem Fort angeschlossenen Haus: Das dem Bruder des Maharadschas gehörende, heutige Hotel hat ein spezielles Zimmer, den ehemaligen Salon, wir dürfen hier nächtigen, da Rewat – wir wussten nichts davon – seine Beziehungen spielen ließ: Er wollte uns im besten Zimmer unterbringen und hat es geschafft!

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Kommentare: 4
  • #1

    Elke (Samstag, 07 Januar 2017 06:50)

    Ich freu mich schon auf die Bilder. Hast du dir einen Löffel geben lassen ,oder reicht die Erkenntnis ,dass du könntest , wenn du wolltest ?

  • #2

    Sarah (Samstag, 07 Januar 2017 22:49)

    Sehr schön geschrieben. Wir waren wieder mittendrin,statt nur dabei....!

  • #3

    Jens (Montag, 09 Januar 2017 12:54)

    Moin, bei der Sache mit dem Essen kann ich aus eigener Erfahrung berichten das ich das essen mit Stäbchen in Japan , unter Hunger, recht schnell erlernt habe! Man gibt sich echt mehr mühe!

  • #4

    Olaf (Dienstag, 10 Januar 2017 18:29)

    @Elke: Nein, einen Löffel oder andere Hilfsmittel habe ich nicht benutzt. Wir sind sicher, dass wir in die Verlegenheit kommen werden, kein Besteck vozufinden, wenn wir eingeladen werden. Also üben. Landessitten respektieren - erwarten wir ja schließlich auch von unseren Gästen.
    @Sarah: Vielen Dank, Sarah! Über diesen Kommentar haben wir uns tierisch gefreut! Wir wollen versuchen, euch an unserer Reise teilhaben zu lassen - Du gibst uns das Gefühl, dass uns das gelingt. Danke!
    @Jens: So isses. Jedes Bisschen besser essen und genießen lernen.